Von Stigma zu Stärke
Zuletzt aktualisiert am 30. Mai 2025

Schweigen ist (nicht) Gold
„Wie geht’s dir?“ – Eine scheinbar harmlose Frage. Doch im Arbeitskontext bleibt sie oft oberflächlich: „Alles gut, danke.“
In Wahrheit kämpfen viele Mitarbeitende mit mentalen Belastungen – doch sie sprechen nicht darüber. Aus Angst, schwach zu wirken. Aus Sorge vor Konsequenzen. Oder weil sie schlicht niemanden haben, der zuhört.
Die Folge: Psychische Gesundheit bleibt tabuisiert. Das Problem wächst im Stillen – bis es nicht mehr überhörbar ist.
Doch Unternehmen können und müssen aktiv dagegensteuern. Indem sie eine Kultur schaffen, in der mentale Gesundheit kein Makel, sondern Teil der menschlichen Realität ist.
Warum das Schweigen so gefährlich ist
Laut einer Studie der Harvard Business Review (2021) wünschen sich 91 % der Mitarbeitenden mehr Unterstützung in Bezug auf mentale Gesundheit – doch nur 27 % fühlen sich im Unternehmen wirklich sicher, offen darüber zu sprechen.⁽¹⁾
Die Folgen sind gravierend:
- Mitarbeitende verschweigen Überlastung – und brennen langsam aus
- Frühe Warnzeichen werden nicht erkannt
- Teams verlieren Vertrauen und psychologische Sicherheit
- Führungskräfte merken erst spät, wenn jemand ausfällt oder kündigt
Statt Prävention gibt es dann Krisenbewältigung – mit deutlich höheren Folgekosten.
So entsteht Offenheit: Sprache, Haltung, Räume
Eine offene Gesprächskultur fällt nicht vom Himmel. Sie entsteht durch bewusste Führung, transparente Kommunikation und sichtbare Haltung.
Sprache gestalten
Wie im Unternehmen über mentale Gesundheit gesprochen wird, prägt die Wahrnehmung. Wichtig ist:
- Neutralität statt Dramatik („psychische Belastung“ statt „Zusammenbruch“)
- Normalisierung: „Es ist okay, nicht okay zu sein.“
- Klare Begriffe: Was bedeutet eigentlich „Burnout“? Was ist „mentale Erschöpfung“?
Interne Kommunikation kann hier gezielt Aufklärung leisten – z. B. durch Info-Snippets, Erfahrungsberichte oder Sprachempfehlungen.
Führungskräfte als Multiplikator:innen
Führungskräfte spielen eine Schlüsselrolle: Wer offen über eigene Herausforderungen spricht oder Mental-Health-Angebote aktiv nutzt, nimmt anderen die Angst, sich ebenfalls zu öffnen.
Strukturen sichtbar machen
- Wo finde ich Hilfe, wenn’s mir nicht gut geht?
- Wer ist meine Ansprechperson?
- Wie läuft ein Gespräch ab – anonym, vertraulich, ohne Bewertung?
Nur wenn diese Infos niedrigschwellig verfügbar sind, werden sie auch genutzt.
Formate, die echte Gespräche fördern
Offenheit lässt sich nicht verordnen – aber sie lässt sich gestalten. Hier ein paar bewährte Formate:
Mental Health Minutes
Kurzes Check-in-Ritual zu Beginn von Meetings – freiwillig, aber regelmäßig.
Beispiel: „Auf einer Skala von 1–10: Wie geht’s dir heute mental?“
Peer-Talks oder „Real Talk“-Sessions
Freiwillige Gesprächsrunden mit Kolleg:innen oder internen Speaker:innen, die über ihre Erfahrungen sprechen.
Slack- oder Teams-Kanal „Wie geht’s dir wirklich?“
Ein geschützter Ort für ehrlichen Austausch – moderiert, aber nicht bewertet.
Mentale Gesundheit im Kalender sichtbar machen
Z. B. Aktionswochen, Impulsvorträge, Webinare oder interne Kampagnen
Zugang zu Mental Health Apps wie ifeel
Über Angebote wie Wellhub können Mitarbeitende Zugang zu Apps wie ifeel erhalten, die ihnen regelmäßige Gespräche mit Therapeut:innen ermöglichen.
Was eine offene Kultur langfristig bringt
Unternehmen, die offen über mentale Gesundheit sprechen, profitieren mehrfach:
- Geringere Hemmschwellen, Hilfe zu suchen
- Frühzeitige Interventionen und weniger Ausfälle
- Stärkere Bindung und Vertrauen im Team
- Bessere Führung – durch mehr Nähe und Authentizität
- Wettbewerbsvorteil bei jungen Talenten, die Wert auf Fürsorge legen
Laut der BARMER-Studie 2023 sehen 76 % der unter 35-Jährigen die mentale Gesundheitskultur als entscheidenden Faktor bei der Wahl ihres Arbeitgebers.⁽²⁾
Fazit: Offenheit ist keine Schwäche, sondern Zukunftskompetenz
Wer mentale Gesundheit thematisiert, zeigt Stärke. Unternehmen, die mutig vorangehen und das Schweigen brechen, schaffen ein Arbeitsumfeld, in dem Menschen nicht funktionieren müssen – sondern wirklich arbeiten können.
Denn echte Leistung braucht echten Rückhalt.
Quellen
(1) Harvard Business Review: Mental Health at Work: 2021 Report
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